1. Juni 2020
Nach einer weiteren Nacht des Aufruhrs in den Straßen der Vereinigten
Staaten wegen der Ermordung von George Floyd kündigt Präsident Trump
von einem Bunker im Weißen Haus aus an, dass er „Anti-Fa“ als
terroristische Organisation bezeichnen werde. Diese Bezeichnung soll
eine spontane, facettenreiche Bewegung zu einer Organisation reduzieren
und ihr nicht nur eine Ideologie, sondern auch eine nach staatlicher
Logik funktionierende Hierarchie zuweisen.
Wieder einmal wird der Terrorismus als Alibi für die Kriminalisierung
kämpfender breiter Sektoren benutzt, die wiederum völlig den
„Antifaschismus“ übersteigen. Aber neben der Anprangerung und dem Kampf
gegen den repressiven Vormarsch, den dies bedeutet, ist es notwendig,
die Polarisierung zurückzuweisen, die in diesem Kampf installiert werden
soll.
Die von Covid-19 auferlegte falsche Wahl zwischen Wirtschaft und
Leben hat zu einem Wiederaufleben der klassischen bürgerlichen
Polarisierung zwischen Wirtschaftsliberalismus und
Staatsinterventionismus geführt. Letztere wiederum ist je nach Region
unterschiedlich kodifiziert worden. Im Allgemeinen spricht man von
fortschrittlich und rechtsgerichtet, und geht sogar so weit, vom
Faschismus zu sprechen, wie in Brasilien und den Vereinigten Staaten.
Wir sehen keinen Zufall in dem Appell an den Antifaschismus als
Kanalisierung einer Revolte, die sie nicht kontrollieren können.
Obwohl der in den Vereinigten Staaten und Europa verbreitete
Straßenantifaschismus (die Antifa) vom Straßenschlägertyp, der sich den
Neonazi-Banden entgegenstellt, nicht der statische und militärische
Antifaschismus (der „Guten“) der 1930er Jahre ist, so ist er doch ihr
Erbe. Die siegreichen Verteidiger des offiziellen Antifaschismus
ermordeten im Zweiten Weltkrieg massenhaft Arbeiter und vergewaltigten
Frauen. Und nachher gehörten sie direkt zu den siegreichen Regierungen,
die im Namen des Kampfes gegen den Faschismus so sehr vielen Länder
einem demokratischen kapitalistischen Regime unterworfen haben, in dem
es keinen Protest mehr geben sollte, weil wir eigentlich frei wären und
es uns schlechter ginge, wenn die anderen gewonnen hätten.
Faschismus und Demokratie waren schon immer komplementäre politische
Systeme, die den Interessen der Reichen dienten. Wenn die Demokratie
nicht in der Lage ist, die Kämpfe der Ausgebeuteten und Unterdrückten
einzudämmen oder einfach nur, um uns in Schach zu halten, greift das
Kapital auf brutalere Formen zurück. Heute sind diese Methoden, die
angeblich das Vorrecht der Faschisten sind, Teil jeder Regierung, die
sich für frei und antifaschistisch erklärt, und sie sind offen
totalitär: Morde wie der an George Floyd oder die Millionen von Toten
durch die Polizei in jedem Land, Sklavenarbeit als notwendige Ergänzung
des Arbeitsmarktes und Disziplin in Schulen, Gefängnissen und
Irrenanstalten. Doch kein Präsident bezeichnet sich selbst als Faschist,
sondern das Gegenteil!
Jetzt, da die Demokratie zu einer totalitären Kontrolle des
gesellschaftlichen Lebens geworden ist, hat der Faschismus als
Herrschaftssystem seine Bedeutung verloren. Natürlich gibt es immer noch
Nazis und Faschisten, aber sie sind nicht diejenigen, die die Fäden in
der Hand haben, sie sind ein Problem der Straße und müssen jeden Tag auf
der Straße bekämpft werden. Doch Antifaschismus als politische Option
ist eine Farce. Heute wie damals dient er nur dazu, die Unterdrückten
und die Unterdrücker, die Ausbeuter und die Ausgebeuteten, die Herrscher
und die Beherrschten zu vereinen. Im Namen des Antifaschismus sind wir
aufgerufen, uns den Völkermördern von heute anzuschließen: den
fortschrittlichen oder linken Machthabern eines jeden Landes, die
ebenfalls Blut an ihren Händen haben. Oder mit den Erben des Stalinismus
und des völkermörderischen Maoismus.
Das Problem ist nicht die Rechte oder die Linke. Es ist der
Kapitalismus, es ist die Demokratie. Man muss sich nicht der
antifaschistischen Front anschließen, um die Faschisten zu bekämpfen.
Was uns eint, ist das gemeinsame Handeln überall gegen das, was uns
ausbeutet und unterdrückt, gegen die Wurzel des Problems:
Privateigentum, Geld und den Staat.
In den Straßen der USA mischen sich schwarze Proletarier mit Weiße
und Latino Proletarier. In weniger als einer Woche haben sie den
bedrückenden Alltag in Frage gestellt. Dies zu eine einzige Bewegung
reduceren wie Trump und sein Gefolge es wollen – oder um die Opposition
hinter ein Teil dieser Äußerungen zu bekommen – zeigt wie gut diese
beiden gegnerischen Fraktionen in der Politik auf einander eingestellt
sind, in der Art und Weise, wie sie diese Warenwelt führen.
Lasst weder Trump noch die Henker irgendwo auf der Welt uns den Zielen und Entwicklungen unserer Kämpfe zuordnen!
Der Staat ist ein Terrorist!
Quelle auf Deutsch: https://arbeiterstimmen.wordpress.com/2020/06/03/usa-viva-la-revuelta
ES https://panfletossubversivos.blogspot.com/2020/06/viva-la-revuelta.html
EN https://panfletossubversivos.blogspot.com/2020/06/long-live-revolt.html
FR https://panfletossubversivos.blogspot.com/2020/06/vive-la-revolte.html
NL https://panfletossubversivos.blogspot.com/2020/06/lang-leve-de-opstand.html
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